Wüstenreisen seit 1998

Heute habe ich meine Reisetasche gepackt für den nächsten Urlaub. Da rieselte mir ein wenig Saharasand entgegen. Ich lächele. Sofort sind die Bilder wieder da. Meine Körperzellen rufen mich an einen Ort von raumloser Weite. Erinnerungen an eine Zeit in der einfach sein durfte. Was dort geschehen ist hat mich unmerklich und nachhaltig verändert. Am Anfang habe ich mich oft zurück gesehnt. Das Leben war so einfach und schön. Unspektakulär. Wieder zu hause zurück gekehrt war da Freude über das Erlebte und es war gut wieder im Vertrauten zu sein. Ich habe verstanden, dass ich mich dem ständigem Hasten und Bangen nicht entziehen kann. Und ich habe gelernt Pausen einzulegen und langsam mehr Gefühl für meinen Rhythmus zu bekommen. Das Geheimnis der Stille hat mich umarmt und durchdrungen. Gerne schaue ich zurück. Und etwas in mir bleibt. Etwas was ich nicht fassen kann. Das Unsichtbare der Wüste von dem so viele Menschen berichten. Ein Staunen über einen Naturraum von dem so viele sagen: Wer einmal in die Wüste geht kehrt für immer verwandelt zurück. Jetzt freue ich mich auf meine nächste Reise. Auch wenn ich nicht in die Sahara oder eine andere Wüstenlandschaft zurück kehre, meine Essenz ist nachhaltig berührt.

Seit 1998 hat mich die Wüste regelmäßig gerufen. Ich bin dem Rufe gefolgt und habe mich wieder und wieder dem Wandlungsraum hingegeben. Manchmal hatte ich Angst oder Widerstände. Vor einigen Reisen war meine Aufregung groß. Würde es mir gelingen alle Teilnehmer gut durch diese Zeit zu begleiten. Würde ich genug Kraft haben um präsent zu sein? Welche Botschaft würde die Wüste für mich haben und welche Aufgaben gibt es zu bewältigen? In einigen Reisen ging ich selber durch intensive innere Prozesse. Eine Fahrt musste ich verschieben ,da ich mir ein Bein gebrochen hatte. Es ging sechs Wochen später mit Krücken auf Tour.

Bei jeder Reise wurde auch verwandelt. Sand, Wind und Weite schmiergeln an mir und meiner Persönlichkeit. Es gab Nächte in denen ich mit meinen Dämonen kämpfte. Auf einer Reise kam ich mit einer Kraft in Verbindung ,mit der ich die ganze Nacht rang, bis ich aufgab. Om Henda die Maraboutfrau wurde meine innere Begleiterin. Manchmal tanze ich mit ihr nachts über die Dünen. Für jede Gruppe bitte ich um ihre Unterstützung. Die Beduinen sind treue Verbündete. Ihre Begleitung ist ein unschätzbares Glück. In dieser Zeit hat sich die Situation in Tunesien verändert. Nach dem arabischen Frühling, der in Tunesien seinen Anfang nahm hat sich die Lage für die Menschen dort verändert. Die innere Freiheit, die die Beduinen für mich präsentieren ist auch äußerlich spürbarer geworden. Frei sprechen können und betriebswirtschaftlich neue Wege gehen.. Auf dem Weg der Demokratisierung, den Tunesien eingeschlagen hat, gibt es jetzt die Möglichkeit zu reisen. In der Verfassung, die im Februar 2014 im Konsensverfahren verabschiedet wurde sind freie Religionswahl und Gleichberechtigung von Mann und Frau verankert.

Damit einher geht aber auch, das Dinge möglich werden, die die alte Regierung zu verhindern wusste. So fristet ein Wüstenfuchs an einer langen Kette sein Dasein auf dem Markt in Douz. Einen Tierschutz gibt es nicht und niemand ist zuständig. Mehr und mehr Qudas fahren durch die Wüste und Jeeps mit Touristen, die ihre Bierflaschen an den Oasen zurück lassen.

Durch das zunehmende Sinken des Grundwasserspiegels mussten in den letzten Jahren immer mehr Bedienen, die mit ihren Schaf und Ziegenherden umher ziehen aufgeben. Der steigende Weizenpreis tut sein Übriges dazu. Der Vater von Kalifa, der seit Jahren mit den Kamelstuten durch die Wüste zieht wird damit konfrontiert, das nicht genug Regen fällt. Die Konsequenz ist, das nicht genug Büsche wachsen, die die Kamele zum Überleben brauchen. Seit drei Jahren hat es keine Jungen mehr gegeben. Das Nahrungsangebot ist nicht t ausreichend.

In diesem Frühjahr war es so trocken, dass wir nachts Wetterleuchten beobachten konnten.

Die Dürre wird auch für uns sichtbarer. Knochen von toten Tieren bleichen im Wüstensand. Die Wölfe komme näher an die Dörfer. Auch für sie wird es schwieriger ausreichend Nahrung zu finden.

Was für uns die Schönheit der Wüste ausmacht ist für die Menschen, die hier leben bedrohlich. Um so größer ist das Geschenk, wenn wir uns mit Respekt und Wertschätzung der Wüste nähern und mit den Bedienen gemeinsam auf Reise gehen. Es ist eine Win-win Situation für beide Seiten.